Die Pflanzenwelt im Kanton St.Gallen
Botanisch gesehen gehört der Kanton St.Gallen zu den artenreichsten Gebieten der Schweiz. Die Gesamtzahl der im Kanton St.Gallen vorkommenden Gefässpflanzen-Arten (ohne Moose, Algen und Flechten) wird auf etwa 2000 geschätzt (ganze Schweiz etwa 3050 Arten). In den Regionen Werdenberg und Sarganserland ist die Pflanzenvielfalt so hoch wie fast nirgendwo sonst im nationalen Vergleich. In den Tallagen hingegen ist die Artenvielfalt vergleichsweise gering.
Die Gesamtartenzahl ist in den letzten 15 Jahren mehr oder weniger konstant geblieben, was aber nichts über den immer noch anhaltenden Rückgang von seltenen Arten aussagt.
Die naturräumliche Fülle steuert die Vielfalt der Pflanzenwelt
Die Gründe für den botanischen Reichtum im Kanton St.Gallen liegen in der topografischen, klimatischen und erdgeschichtlichen Vielfalt – kombiniert mit abwechselnden landwirtschaftlichen Nutzungsformen. So finden sich auf engem Raum niedrig liegende Talschaften um 400 m ü.M. und Hochgebirgslagen bis über 3000 m ü.M. Föhntäler wechseln mit eher von Kaltluft geprägten Räumen ab, südexponierte, warme und trockene Hanglagen mit kühlen Nordhängen.
Ausgeprägt sind auch die Unterschiede in der Niederschlagsverteilung – bei zunehmender Annäherung an die Alpen verstärkt sich die Stauwirkung, wodurch der durchschnittliche Jahresniederschlag steigt.
Ein weiterer Faktor, der das Pflanzenwachstum beeinflusst, ist der geologische Untergrund: So gedeihen auf dem Verrucano des Sarganserlandes säurezeigende Pflanzen wie z.B. der Alpenklee (Trifolium alpinum), die Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron ferrugineum) oder die Felsen-Primel (Primula hirsuta). Dagegen sind die Gebirge nördlich des Walensees wesentlich durch Kalkgesteine geprägt und fördern Kalkzeiger wie die Bewimperte Alpenrose (Rhododendron hirsutum), das Kriechende Gipskraut (Gypsophila repens) oder das Blaugras (Sesleria caerulea). Bestimmend für die St.Galler Flora sind die Prozesse der letzten Eiszeit. So verdanken viele unserer Moore ihre Entstehung der Stauwirkung eiszeitlicher Moränemassen. Diese machten den Untergrund wasserundurchlässig.
Viele seltene und bedrohte Pflanzenarten im Kanton St.Gallen
Dem Kanton St.Gallen kommt gesamtschweizerisch eine tragende Rolle zu bei Erhalt und Förderung von seltenen und bedrohten Pflanzenarten. Das Bundesamt für Umwelt BAFU listet 129 Gefässpflanzen, 14 Moose und 30 Flechten von nationaler Priorität auf.
Dazu gehören:
(Vorkommen im Kt. St.Gallen in Relation zur ganzen Schweiz)
- Wohlriechender Lauch — 50 % — stark gefährdet
Allium suaveolens - Niedrige Birke — 100 % (!) — vom Aussterben bedroht
Betula humilis - Purpur-Reitgras — 20 % — vom Aussterben bedroht
Calamagrostis phragmitoides - Torf-Segge — 24 % — stark gefährdet
Carex heleonastes - Hellgelbes Knabenkraut — 22 % — stark gefährdet
Dactylorhiza incarnata ssp. ochroleuca - Ostalpen-Enzian — 94 % (!) — stark gefährdet
Gentiana pannonica - Sumpf-Gladiole — 35 % — stark gefährdet
Gladiolus palustris - Wiesen-Alant — 17 % — stark gefährdet
Inula britannica - Knollen-Binse — 15 % — stark gefährdet
Juncus bulbosus - Kleine Teichrose — 22 % — stark gefährdet
Nuphar pumila - Heidelbeerblättrige Wiede — 56 % — vom Aussterben bedroht
Salix myrtilloides
Zustand der 50 seltensten Pflanzen im Kanton St.Gallen
Im Auftrag des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei und in Zusammenarbeit mit dem Botanischen Zirkel St.Gallen überprüfte das Naturmuseum in einem dreijährigen Projekt (2016–2018) die Bestandessituation bei 51 prioritären Arten. An Standorten, bei welchen die Pflanzen früher wuchsen, wurden Erhebungen zu Vorkommen und Gefährdung gemacht. Ebenso wurde der Bedarf für Schutz- und Förderungsmassnahmen abgeklärt.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Ergebnisse. Die verletzlichsten Bestände finden sich im gelb eingefärbten Feld unten links. Bei den Arten im Feld oben rechts (blau) sind die Bestände nicht oder kaum gefährdet.
Entwicklung der Pflanzenvielfalt – Trends seit 2005
Untersuchungen im Rahmen von Erhebungen des Bundes (Biodiversitätsmonitoring – BDM) belegen, dass die Artenzahl der Gefässpflanzen sowohl im Kanton St.Gallen als auch in der ganzen Schweizer Alpennordflanke in den letzten Jahren relativ konstant geblieben ist. Das heisst aber nicht, dass die Gefährdungssituation stabil geblieben wäre, sondern lediglich, dass deren Gesamtartenzahl sich nicht verändert hat.